In der Schule…
Wenn ich zurückblicke, so begann meine Begeisterung für Computer als Jugendlicher als ich den ersten Commodore 128 zusammen mit einem winzigen, grün schimmernden Monitor bekam. Er hatte einen eigenen Kassettenrekorder zum Speichern der Programme und 128kByte RAM. Heute schmunzelt man über diese Zeit, in der die Computer angefangen haben, die Kinderzimmer zu erobern. Aber mein Bruder und ich haben damals viele Stunden vor dem Rechner verbracht, fasziniert von dessen Möglichkeiten.
Jahre später, als ich nach einer erfolgreich bestandenen Eintrittsprüfung meinen Studienplatz für Elektrotechnik an der Technischen Hochschule in Gleiwitz bekam, wusste ich ohne jede Zweifel, dass ich genau das richtige Studium gewählt habe. Die beste Bestätigung dafür war, dass das Studium, obwohl anspruchsvoll, von mir nie als schwer empfunden wurde. Es gab so viel Interessantes zu lernen.
Nach drei Jahren Studium habe ich mich entschieden, die Möglichkeit, die mir meine deutsche Abstammung bot, zu nutzen und nach Deutschland zu gehen. Durch die Übersiedlung rückte leider mein Diplom in weite Ferne. Ich bekam zwar ohne Schwierigkeiten ein Studienplatz an der Technischen Universität München, jedoch musste das Studium von Anfang an wiederholen, da keine meiner Prüfungen aus Polen anerkannt wurde. Und dennoch war es für mich ganz klar, dass ich das Diplom machen wollte. Fast jeden Samstag jobbte ich in einem Computerladen, schraubte an Rechnern, installierte Software und beriet die Kunden. Zuhause saß ich danach noch gerne am PC, beeindruckt von den Fortschritten der Technik.
Softing
Mein Kontakt mit der Automobilbranche begann eher zufällig durch die Diplomarbeit. Es war mein Wunsch, diese in der Industrie zu machen, um von der Theorie endlich in die Praxis zu wechseln. Als Diplomarbeit schrieb ich im Auftrag der Firma Softing GmbH einen Betriebssystemkern für die Motorola Mikrocontroller. Es sollte eine Antwort der Firma auf die beginnende OSEK Standardisierung sein. Die Verantwortlichen bei Softing waren mit meiner Arbeit und meinem Auftreten zufrieden und ich bekam einen Vertrag. Ich blieb ich nach dem Abschluss des Studiums bei Softing und arbeitete an der Programmierung und Diagnose von Kfz-Steuergeräten.
BMW Technik
Über Softing habe ich als externer Mitarbeiter bei der BMW AG an der Integration von Software für ein Motorsteuergerät gearbeitet. Sehr bald wurde mir klar, dass BMW als Arbeitgeber ganz andere Perspektive bieten konnte. Leider hat BMW zu der Zeit kaum neue Mitarbeiter eingestellt. Doch bei BMW wie vorher bei Softing und später bei allen anderen Arbeitgebern ist es mir mit Einsatz und Kompetenz gelungen, die Menschen von mir zu überzeugen. Nach der Empfehlung meiner BMW Vorgesetzten zählte ich zu den wenigen Mitarbeitern, die 1997 von BMW eingestellt wurden.
Die BMW Technik GmbH war Teil der BMW Forschung und hat sich als die Quelle für kreative Köpfe und frische Ideen verstanden. Das Ziel war die Kreativität und Fähigkeiten der Mitarbeiter zu fördern und gleichzeitig neue Ideen zu generieren. Diese Ideen wurden bis zu einer gewissen Reife begleitet, bis sie, zusammen mit den Mitarbeitern, in die BMW AG als Vorentwicklungsprojekte übergeben wurden. Für mich als junger Ingenieur war es wie ein Märchenland.
Die BMW Technik GmbH war organisiert wie das wenige Kilometer entfernte BMW Forschungs- und Innovationszentrum, nur reduziert auf ca. 100 Mitarbeiter. Vom Design über Fahrwerk bis Antriebsentwicklung war alles vertreten. Sie verfügte sogar über einen eigenen Luftkanal. Dort gewann ich den Überblick über die gesamte Fahrzeugelektrik und -elektronik. Ich arbeitete an einem Prototypen mit drive-by-wire und steer-by-wire. Ich lernte was sicherheitskritische Systeme bedeuten und setzte diese mit Rapid-Prototyping Hardware um.
Da die Ideen grundsätzlich mit Zulieferern umgesetzt wurden, bekam ich die Möglichkeit, die Zusammenarbeit mit Partnern aus Deutschland und USA aus der Sicht eines OEMs kennenzulernen. Die wiederholten Besuche bei Delphi in USA haben mir geholfen, jegliche Unsicherheit im Kontakt mit englischsprachigen Partnern zu beseitigen.
BMW AG
Nach 4,5 Jahren wechselte ich zu der BMW AG. Der Wechsel trug zur Erweiterung meiner Erfahrung vor allem im Bezug auf Arbeiten in größeren Teams und Gestaltung von Arbeitsprozessen mit vielen internen und externen Partnern bei. Auch der Fokus veränderte sich: während bei der BMW Technik GmbH ein einzelnes Prototyp entwickelt wurde, ging es in der BMW AG natürlich um die Serienentwicklung. Damit wurde die Wirtschaftlichkeit aller Vorgänge zum wichtigen Aspekt meines Handelns.
Mit der Übernahme der Verantwortung als Teilprojektleiter für die Elektronik bei der Entwicklung des heute in Serie produzierten X-Drive Systems rückte auch die Kommunikation und Koordination in den Vordergrund meiner Aufgaben. Ich trug dem Rechnung durch intensive Weiterbildung.
Zu meinen Aufgaben gehörte auch die Auswahl des Personals für externe Projektunterstützung. Ich habe externe Mitarbeiter in Interviews befragt und ausgewählt, sie angeleitet und organisatorisch betreut.
BERU
Das Berufliche und das Private sind immer miteinander verwoben. Ich war zu der Zeit Mitte 30 und wünschte mir eine Familie. Ich lernte eine Frau kennen, mit der, wie ich hoffte, dieser Traum in Erfüllung gehen würde. Sie arbeitete in einer leitenden Position bei dem größten deutschen Software Unternehmen in Walldorf bei Heidelberg und ein Wechsel nach München bedeutete für sie ungleich größeren Einschnitt als für mich. Es war keine leichte aber konsequente Entscheidung, BMW und München zu verlassen. Sie eröffnete mir neue Perspektiven.
Der Wechsel zu BERU Electronics GmbH brachte die Gesamtprojektleitung mit sich und gab mir die Möglichkeit, die Perspektive eines Automobilzulieferers kennen zu lernen. Ich übernahm die Projektleitung für ein Produkt, das für den koreanischen Automobilhersteller Hyundai entwickelt wurde. Meine Verantwortung erstreckte sich von Anforderungsmanagement über die Umsetzung der HW und SW bis zur Übergabe an die Produktion. Das war das erste Mal, dass ich ein Projekt bis in den Produktionsstart begleitet habe.
Als besondere Erinnerung blieben mir meine drei Besuche bei dem Kunden in Korea. So konnte ich aus unmittelbarer Nähe die besonderen Gegebenheiten einer Zusammenarbeit mit asiatischen Partnern erfahren. Was ich aus Korea mitgebracht habe, war neben sehr viel Respekt und Achtung für die Menschen und die Kultur mehr Bewusstsein über die tiefgreifenden kulturellen Unterschiede zwischen Europa und Asien.
Siemens
Leider ist nicht jedes Projekt ein Erfolg. So hat sich mein Traum von einer eigenen Familie zum damaligen Zeitpunkt nicht erfüllt und ich zog nach relativ kurzer Zeit nach Karlsruhe um.
Im Bezug auf meine berufliche Entwicklung brachte Karlsruhe eine wesentliche Veränderung. Ich habe dringend einen neuen Job gebraucht und habe mich entschieden, auf die leitende Rolle zu verzichten. Ich stieg bei der Siemens AG in Karlsruhe in der Position des Testingenieurs ein. Die Siemens AG entwickelte in Karlsruhe zu dieser Zeit komplexe Systeme für die Diagnose der Fahrzeuge in den Werkstätten der großen deutschen Automobilhersteller.
Es war zwar hilfreich, was ich über die Fahrzeugdiagnose generell wusste, aber von den Inhalten her war die Aufgabe neu für mich. Das Werkstatt-Diagnosesystem besteht aus komplexen, MS Windows basierten Softwarekomponenten, die großen Datenmengen werden in Oracle Datenbanken abgelegt, die Datenkommunikation findet über TCP/IP statt.
Von Installation der MS Windows Server über Virtuelle Maschinen, die Oracle Installation und Monitoring gab es viel zu lernen. Auch das Wissen über den Softwarequalitätsmanagement galt es zu vertiefen. Das Lernen hatte mir, wie immer, Spaß gemacht.
Auch an einer anderen Stelle wurde ich um eine Erfahrung reicher. Bis dato war ich in der Entwicklung tätig. Jetzt wurde ich Teil des Qualitätsmanagements und das Ziel war die Arbeit der Entwicklern zu überprüfen. Ich merkte, dass vor allem meine Art, Probleme in der Kommunikation mit den Entwicklern zu lösen, sich deutlich von dem Ansatz meiner Kollegen unterschied. Ich verstand mich mehr als Teil des Teams, das gemeinsam gegenüber dem Kunden auftritt. An Grabenkämpfen zwischen den Abteilungen war ich nicht interessiert.
Das Großprojekt wurde für den Bereich der Werkstattdiagnose der Siemens AG zu einem finanziellen Desaster. Siemens versuchte den Bereich zu verkaufen, Kollegen hatten Angst um ihre Arbeitsplätze, die Stimmung war im Keller. Und das was am meisten demotivierend war, war die Tatsache, dass ich keinen Einfluss auf das Geschehen hatte.
Die „Midlifecrsis“
Mein vierzigster Geburtstag war hinter mir, ich hatte keine Familie und im Job lief gerade alles katastrophal. Ich brauchte eine Pause – und die nahm ich mir. Ich hörte auf zu arbeiten. Ein Jahr lang lernte ich täglich, mehrere Stunden am Tag, über Knochen, Gehirn, Herz und Kreislauf, Infektionskrankheiten und Blutzusammensetzung. Nach 14 Monaten legte ich die Heilpraktiker-Prüfung erfolgreich ab.
Es war eine faszinierende Zeit etwas komplett neues zu lernen und über den eigenen Körper plötzlich viel mehr zu wissen. Und auch die Erfahrung, dass ich etwas vollkommen neues lernen kann, gab mir neue Kraft.
Selbständigkeit
Trotzdem – ich bin und bleibe ein Ingenieur.
Nach der erfolgreichen Heilpraktiker-Prüfung kehrte ich zurück zu meiner Berufung und startete meine selbständige Tätigkeit als Elektroingenieur. Die Entscheidung war ein wichtiger Meilenstein allem voran in meiner persönlichen Entwicklung. Die Vorbereitung der Selbständigkeit mit der dazugehörigen wirtschaftlichen Analyse und Planung haben meine Wahrnehmung für diese Thematik sehr bereichert.
Ebenfalls zu dieser Zeit lernte ich meine Ehefrau kennen. Im Frühjahr 2012 kam unsere Tochter gesund und glücklich auf die Welt. Ich war sehr glücklich.
BHTC (freiberuflich)
Auf der Suche nach einem Projekt, das relativ in der Nähe von meinem damaligen Wohnort in Dinslaken angesiedelt war, kam ich nach Lippstadt. Im meinem ersten Projekt als freiberuflicher Ingenieur wurde ich beauftragt mit Testspezifikation und Testplanung bei Behr-Hella Thermocontrol GmbH. BHTC entwickelt und fertigt Steuergeräte für Fahrzeugklimatisierung und die dazugehörenden Panels. Die Aufgabe war insbesondere durch die Testautomatisierung mit dem Einsatz von hardware-in-the-loop Prüfständen der Firma dSpace interessant. Auch die Auseinandersetzung mit der integrierten Prozesskette von der Anforderung bis zum Testergebnis in DOORs, bzw. mit ihren Schwächen empfinde ich als eine nennenswerte Erfahrung.
Mit der Zeit wurde mein Verantwortungsumfang erweitert und ich verantwortete das Testen in zwei Projekten und organisierte die Arbeit von mehreren Kollegen. Zu der Zeit war BHTC dabei die Testaufgaben teilweise nach Indien zu verlagern. So kam auch ich in den „Genuss“ mehrere Male pro Woche mit Indien zu telefonieren. Zumindest aus meiner Perspektive war der Ansatz Indien als verlängerte Werkbank zu nutzen zwar prinzipiell richtig aber nur teilweise ein Erfolg mit einer Menge Optimierungspotential.
Was ich viel mehr genossen habe, waren meine Besuche bei dem Kunden Volvo Truck in Göteborg. Es war aufregend mit den sehr kompetenten und stets freundlichen Kollegen von Volvo zu arbeiten und die Fehler in einem Truck zu suchen.
ZF Friedrichshafen (freiberuflich)
In der relativ langer Zeit die ich mit Testen verbrachte, lernte ich viel. Doch ich stellte fest, dass mir der linke Arm des V-Modells viel mehr Spaß machte als der rechte. In Konsequenz habe ich mich entschieden wieder in die Entwicklung zurück zu kehren und wechselte als Softwareentwickler zu der ZF Friedrichshafen AG. Damit begann meine Arbeit an dem System „Aktives Motorlager“, die länger dauern sollte, als ich ursprünglich geplant habe.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich relativ viel Glück mit meinen Vorgesetzten. Nicht alle waren kompetent aber sie waren alle integer. Nun hatte ich mit jemandem zu tun, der sich zur Aufgabe machte unter keinen Umständen Fehler zu machen. Da dies kaum machbar ist, versuchte er nach Möglichkeit unverbindlich zu bleiben und maximale Kontrolle über seine Mitarbeiter auszuüben. Es war eine anstrengende ZUsammenarbeit die in mir eine Auseinandersetzung mit dem Thema „Führung“ imitierte.
Gleichzeitig genoss ich den Austausch mit meine hervorragenden ZF Kollegen und die aktive Gestaltung von einem neuen, das erste mal in Serie gehendem System.
BOGE
Im Herbst 2014 verkaufte die ZF Friedrichshafen die Gummi-Metall Sparte an die chinesische Firma CRRC, dem weltweit größten Produzenten von Schienenfahrzeugen. Mit dem Verkauf ging auch das Projekt „Aktive Motorlager“ an die neu gegründete BOGE Elastmetall GmbH über. BOGE brauchte dringend Experten in Steuergeräteentwicklung und lud mich ein nach Bonn zu kommen.
Ich nahm diese Einladung ein und ging in die Festeinstellung. Es war für meine Familie sehr wichtig, dass ich täglich präsent war. Meine Tochter war ca. 3 Jahre alt, brauchte den Papa und ich wollte ihre Kindheit miterleben und mitgestalten.
Gleichzeitig konnte ich das Aktive Motorlager (active engine mount, AEM) in der Rolle des Teilprojektleiters Elektronik bis in die Serie führen. Und wir waren erfolgreich. Heute fahren über 100.000 Audi, Porsche und Bentley Fahrzeuge ausgestattet mit dem System auf den Straßen.